Nichts ist einfacher, als sich schwierig auszudrücken, und nichts ist schwieriger, als sich einfach auszudrücken. 

- Karl Heinrich Waggerl -

 

 

 

 

Seenregion Chiles

 

02.03.2010

So, nun sitzen wir auf einem Camping Municipal in einem kleinen Nest namens Chos Malal. Nicht nur der Name, sondern auch die Gegend und die Hitze haben uns bei der Herfahrt an Marokko erinnert. Wir sind wieder in Argentinien, sind heute durch den längsten Tunnel Südamerikas gefahren (4800m einspurig) und über den Pass Pino Hachado aus dem momentan stromlosen Chile nach Argentinien eingereist. Es war super wenig los auf den kurvigen, chilenischen Straßen und hier auf den immer ewig gerade aus Straßen Argentiniens noch weniger. Schon bei der argentinischen Grenze haben wir die Veränderung gemerkt, die Chilenen sitzen vor schwarzen Bildschirmen im schummrigen, aber sehr neuen großen Zollhäuschen, die Argentinier bei voller Neonbeleuchtung vorm funktionierenden PC, nebenan steht eine brummende Kühltruhe und ein Kiosk, ein Fernseher läuft pausenlos und zeigt Nachrichten. Fragt mich nicht was, da steht ein Mann und die ganzen 10 Minuten, die wir beim Zoll waren faselt der nur was über Uruguay, aber wir wollten doch über Chile was wissen. Denn die letzten Tage hatten wir wenig Infos bekommen. Die ersten hilfreichen kamen von Felix per SMS, dann nach und nach immer wieder von Polizisten, Krankenhausangestellte, Tunnel“wachmänner“, jedoch auch nur regionale, die recht spärlich ausgefallen sind.

Aber nun von Anfang an. Wir waren zuletzt beim Vulkan Villarrica (2. Aktivste Vulkan Chiles) in Pucon, der sich leider abends zugezogen hat und uns nicht noch einmal einen Blick auf die Lava erhaschen lies (übrigens ist das der Grund warum Bernhard jetzt immer noch überlegt ob er nicht die hunderte Kilometer zurückfährt nur um ein bisschen Vulkanspuke zu sehen!!!!). Morgens war immer noch alles bewölkt und wir beschlossen die Straße bis Cunco zu fahren, um dort das Wetter für den folgenden Tag und dementsprechend die Sicht auf den Vullkan Llaima (aktivste Vulkan Chiles) zu erfragen. Der Wetterbericht brachte Besserung für die folgenden Tage also blieben wir in der Gegend und sind nicht Richtung Autobahn und Norden gefahren. Es gab auf unserer Karte einen Schotterabzweig von 14 km zu Thermen, den wir auch genommen hatten, jedoch war er dann eher 24km lang, ging über 2 Hügel in ein anderes Tal. Die Thermen waren für mich nix, es gab 3 Räume in einem Blechschuppen mit Badewannenähnlichen Holzvorrichtungen in denen das Thermalwasser eingelassen wurde. Für kommendes Jahr wird ein neuer Rock-Pool draußen errichtet, aber es scheint viele Leute zu geben, die diese „Privatsphäre“ bevorzugen. Bernhard bevorzugte das heiße Wasser (58°C), ließ die Tür offen, so dass er Sicht auf den Fluss hatte und verbrachte so 2 ½ h.

Anschließend sind wir die Schotterpiste zurückgefahren und haben genau am Abzweig vor der geteerten Straße an einem Fluss unser Camp aufgeschlagen, wie ein paar chilenische Angler auch. Von dort hat es eine tolle Sicht auf den Vulkan, aber das haben wir erst am nächsten Tag festgestellt, denn da war es noch bewölkt.  Ich habe meine bei der Therme im Fluss gewaschene Wäsche aufgehängt, wir haben zu Abend gegessen und uns ins Zelt gelegt. Die Angler hatten nachts noch mal ein bisschen Musik an, aber das ging dann auch noch, geschlafen haben wir trotzdem gut.

Doch nachts sind wir beide schaukelnd aufgewacht, wussten erst nicht so recht was da los ist. Ich hab das Zelt aufgemacht, rausgeschaut und dachte ich wär besoffen, das Auto wackelt, als wollte es in den Fluss rollen, der Boden darunter mit vielen großen runden Steinen wackelte ebenfalls. Ich rieb meine Augen und sah jemand mit Taschenlampe auf uns zukommen, der so was rief wie schnell, fahrt das Auto weg. Schnell Schuhe an, raus aus dem Zelt, was nicht leicht war. Abends zuvor wollte ich noch die Wäscheleine abhängen, wie ich das eigentlich immer mache, wenn sie am Auto befestigt ist, dass wir im Notfall nachts gleich wegfahren können. Also Wäscheleine vom Auto abmachen, ich ließ sie auf dem Boden liegen, auf n paar Unterhosen kann ich verzichten. Bernhard hat ein paar Sachen zusammengekramt und ist zum Auto gelaufen. Dann haben wir uns reingesetzt und das Auto einige Meter höher auf den Weg gefahren. Mittlerweile schaukelte nichts mehr, dann sind wir schnell zum Zelt zurück, haben Schlafsäcke und Isomatten, Wäsche mit Leine zusammengesammelt. Noch sah es gut aus, nochmal zurück und schnell Zeltabbauen, wie gut, dass wir das auch blind machen könnten. Dunkel war es übrigens nicht, es war ja fast Vollmond und auch ohne Lampe alles sichtbar. Einen BH hab ich vergessen, aber den hat Bernhard noch gefunden, sonst wäre das ja auch egal gewesen. Dann nichts wie ab….wir mussten noch über eine Brücke (Stahlkonstruktion mit Holzbelag), die haben wir auch noch passiert, so waren wir nicht in dieser 14…ach doch 24km Sackgasse. Dann sind wir um 4 Uhr morgens in den nächsten Ort ca. 20 km gefahren, nach Westen und nach Norden, Hauptsache weg vom Vulkan. Denn das war es was wir dachten. Wir campen 5m oberhalb eines Flusses, der vom aktivsten Vulkan Chiles herunterkommt und dieser scheint gerade ausgebrochen zu sein. Wir befürchteten, dass durch den Ausbruch eventuell der Schnee schmilzt und eine Flutwelle den Fluss runterkommen könnte.

In dem Ort waren einige Leute auf den Beinen, alles dunkel, aber überall sah man die Nachbarn zusammenstehen und sich versammeln, manche liefen mit Taschenlampen, Petroleumlampen durch die Gegend. Cunco ist sehr verwinkelt, aber wir haben die Touri-Info wieder gefunden, wussten jedoch nicht, wo es nach Temuco zur Autobahn ginge. Wir dachten ja immer noch, dass wir eventuell wegen dem Vulkanausbruch weg vom Vulkan nach Norden müssen. Ich bin dann mal zur Polizei gelaufen, die mir mitteilte, dass es kein Vulkanausbruch war, sondern ein Erdbeben, jedoch hätten sie sonst keine Informationen. Ich hab ja noch nie ein Erdbeben erlebt, aber das hat sich sehr stark angefühlt und vor allem dauerte es ziemlich lange. Später bin ich noch mit Leuten vorm Hospital ins Gespräch gekommen, die wussten immerhin, dass das Beben 4 Stunden zuvor war (was wir uns nicht vorstellen konnten, so stark wie das war) und das Conception stark betroffen soll. Wir haben uns dann auf dem Parkplatz doch nochmal ins Auto zum Schlafen gelegt und ich habe von 6 bis um 8 geschlafen, dann ein Buch gelesen und gewartet bis um 11 die Touriinfo aufgemacht hat und Bernhard ist kurz danach wach geworden. Erst bei der Touriinfo haben wir gehört, dass es nun kein Strom und kein Telefon mehr gibt. Wir haben dort auf Wifi gehofft, wie am Tag zuvor. Doch der PC lag auf dem Boden, nebendran der umgefallene Schreibtisch, sowie etliche Broschüren. Die Toilette konnte ich auch nicht benutzen, da das Waschbecken zertrümmert auf dem Boden lag. So naiv wie wir waren, dachten wir, wir könnten ja jetzt im internet nachlesen was passiert ist.

Dann haben wir unser argentinisches Handy rausgeholt – Akku leer, wie hätte es auch anders sein sollen. Ich hab dann mein deutsches Handy rausgeholt, das ich ja immer auflade und für den Notfall ausgeschaltet bereit halte. Jedoch hört mein Vertrag bald auf und ich wusste nicht wann genau (jetzt weiß ichs ….erst Ende März!!!). In Cunco hatte ich noch Empfang und erhielt dann von Felix die Mitteilung, dass es eine Tsunami-Warnung gab und Chile UND Australien betroffen sind. Später hat das mit dem Netz leider nicht mehr so funktioniert!

Wir haben beschlossen dann noch um den Vulkan  Llaima zu fahren, nachdem wir 1 Stunde zum Tanken angestanden sind, da so ein Idiot 4000Liter in Fässer auf seinem Pick-up getankt hat und alles blockiert hat.

Um den Vulkan Llaima war die Landschaft super toll (auch wenn Bernhard den Vulkan nicht so schön wie den Villarrica fand, der er keine Lava spukte und fast nicht rauchte!!!). Wir sind zuerst eine Strecke durch Lavagesteinsfelder gefahren, von einem früheren Ausbruch, dann durch eine Lavasandwüste, zu Lagunen und Seen, durch Wälder bis zu einem überteuren Camping, den wir dann doch nicht genommen haben. So sind wir wieder aus dem Park raus und haben an einem Aussichtspunkt, direkt bei einem Lavageröllfeld (von 1957) mit Blick auf Vulkan genächtigt. Ab und an hat es geschaukelt, was mit im Auto wirklich schnell merkt. So ein bisschen mulmig ist es einem schon, man steht unmittelbar vor einem aktiven Vulkan, es wackelt immer mal wieder und ganz ruhig schläft man nicht.

  

Am nächsten Tag sind wir nach Curacautin, auch hier kein Strom, kein Telefon, kein internet und eine laaaaaaaaaaaaaaaaaaange Schlange zum Tanken. Hier bekamen wir die Infos, dass  Conception schlimm betroffen ist, das es in ganz Chile kein Strom gab, dass die Autobahnbrücken teilweise kaputt sind, dass es jedoch Umleitungen gibt, so dass man nach Santiago käme. Wir fuhren Richtung Grenze, haben bei einem tollen Campingplatz direkt am Fluss mit Rockpool in den ich dann noch gegangen bin (nur bis zur Hüfte, war schon schweinekalt) und direkt neben einem super schönen Wasserfall. Dort haben wir das Auto mal wieder auf Vordermann gebracht, Bernhard lag drunter und hat alles Mögliche überprüft, abgedichtet und ich hab Geschirr gewaschen, aufgeräumt, Tagebuch aktualisiert und gekocht.

Schlussendlich haben wir uns dann aber doch für Argentinien entschieden, wie ihr oben schon gelesen habt. Im Nachhinein gut so, denn hier haben sie zwar auch das Beben gespürt, aber das Stromnetz funktioniert und nichts ist kaputt, Sprit ist ja sowieso billiger und gut zu bekommen. Jetzt können wir die Nachrichten lesen und sind geschockt wie es da in manchen Küstenregionen Chiles aussieht und zugeht. Wir haben allerdings schon Leute getroffen, die in Santiago und Conception in der Nacht des Erdbebens waren und diese sind heil rausgekommen, wenn auch mit Umleitungen, die Autobahn und andere Straßen ohne weitere Probleme fahren.

 

01.03.2010

Sind wieder in Argentinien. Uns ging es in Chile immer gut, hatten nur keinen Strom und kein internet und nur teilweise Handyempfang! Bald schreib ich mehr, aber soweit könnt ihr alle beruhigt sein.

 

27.02.10 15:18 Uhr MEZ (Anmerkung von Felix Doll)

Jasmin und Bernhard haben das Erdbeben gut überstanden und sich kurz per SMS gemeldet, da Strom und Internet leider nicht funktionieren.

28.02.10 00:10 Uhr MEZ (Anmerkung von Felix Doll)

Jasmin und Bernhard halten sich von der Küste fern und es scheint wohl viele Leute zu geben die auch tanken wollen, weshalb sie dort Schlange stehen müssen. Sie schalten Handy zweimal am Tag an, also wer sie kontaktieren möchte sollte das am Besten über deren Handy tun.

Wenn ich neue Infos bekomme, dann werden die hier zu finden sein. Bei Fragen bitte ins Gästebuch schreiben.

 

 

 

 

25.02.2010

 

 

 

 

 

 

 

Wir sitzen gerade schwitzend in der Touri-Info in Pucon. Die letzten Tage wurden wir verfolgt:

 

 

 

 

 

Der Vulkan Villarrica ließ uns nicht allein, zuerst tauchte er weit hinten am Horizont als weiße Spitze im Wolkenmantel auf, dann hat er sich  näher ran getraut und uns mal von links mal von rechts, von hinten und von vorne begutachtet. Er ist immer wieder hinter Bäume, Hügel und Wälder gehüpft, hat kurz über sie drüber geschaut, bis er nach 2 Tagen dann schneeweiß mit hellblauem Himmel rauchend direkt vor uns stand. Unheimlich - vor allem, da nachts von weitem ein unregelmäßiges Licht obenauf sichtbar war, das hat sich rausgestellt, dass es die immer mal wieder aufspritzende Lava ist, die man da funkeln sieht. Er raucht auch ganz schön Kette, was man aber nur sieht wenn er sich vor dem blauen Himmel zeigt und nicht hinter weißen Wolken versteckt.

Außer das Katz-und-Maus-Spiel mit dem Vulcan haben wir noch einen kompletten Tag in einer der zahlreichen Thermen genossen. In der Therme del Rincon, die uns empfohlen wurde, sind wir von einem  Pot in den nächsten gehüpft und lagen in den Naturpool ganz nahe dem kalten Wasserfall, der einige Meter vom Felsen stürzt. Den kalten Bach habe ich nur bis zu den Knien bezwungen, dann hat mich doch mehr das schöne badewasserwarme Wasser der Pools gereizt.